Reise CULT by Barbara Ebner: "Hanoi - Ahoi!"
Hanoi – Ahoi!
Es war schon immer ein Traum von uns Halong Bay in Vietnam mit einem Boot zu erkunden, aber ist es wirklich so toll wie auf den Fotos, die man in Bildbänden sieht oder eher so durchschnittlich wie mancher Kommentar, der durchs Internet geistert? Kurzentschlossen wurde Hanoi in einen Around-The-World-Trip eingeplant und mit wenig Vorlaufzeit ein Boot für zwei Nächte gebucht. Die Anforderung war klar, ein traditionelles Holzboot in bester Kategorie.
Ankunft abends, am Weg zu unserem Hotel, dem O’Gallery Premier & Spa im Herzen von Hanoi tauchen wir in eine andere Welt ein. Herden von Mopeds, die uns wie Fliegen den Speck umkreisen, Düfte von Garküchen – hier wird in den relativ engen Straßen der Innenstadt noch wirklich gelebt. Das Hotel strahlt alten französischen Kolonialstil aus, eine Oase mitten in der Stadt. Schnell umgezogen geht es weiter zum Abendessen in das Lokal von Top Chef Gewinner Mr. Duong – seinem zweiten Restaurant (und Kochschule). Unsere Sinne sollten alsbald erwachen und fantastisch verwöhnt werden: optisch und geschmacklich hervorragende Gerichte, da muss ich einem Gast, der vor uns hier war, Recht geben: ‚Do yourself a favor and eat here!‘ hat er ins Gästebuch geschrieben. Ich bin begeistert! So begeistert, dass wir zwei Tage später Duong 1 erkunden! Selten war ich so im Glück – ‚das Auge isst mit‘ kann man hier nur unterschreiben.
Nach einer kurzen Nacht geht es los nach Halong Bay, der Busservice ist pünktlich – im Hotel wird uns versichert, dass es eine gute Wahl ist – wie beruhigend! ....die dreistündige Fahrt geht relativ schnell vorüber, vorbei an Feldern, Outdoor-Friseuren und sehr einfachem asiatischen Dorfleben.
Im Halong Hafen wird einerseits fleißig gebaut, andererseits sieht man Bauruinen – nur schnell aufs Boot! Boote gibt es zu unserer Überraschung viele, zu viele. Wie bei einem Aufruf zur Schlacht laufen alle gleichzeitig aus, man gewinnt den Eindruck es sei ein Wettrennen – nur wohin? Es ist diesig, grau in grau, das haben wir uns anders vorgestellt.
Meine Anfrage nach einem besonders netten Zimmer/Kajüte resultiert in der Unterbringung in der Hochzeitssuite inklusive Rosenblüten am Bett und in der Badewanne samt netter Terrasse. Lustigerweise glauben auch alle anderen Gäste, dass wir tatsächlich auf Hochzeitsreise sind, wir bekommen ein nettes 2-er-Tischerl abseits mit romantischem Blumengebinde und einer billigen Flasche Sekt. Also bitte mitspielen, von allen Seiten wird uns zwinkernd zugelächelt – das verursacht bei einem lang gedienten Ehemann etwas Stress. All das fürs netteste Zimmer? Wir wollen nur unsere Ruhe, aber genießen die Suite, auch wenn es an Board nicht genug Warmwasser gibt um die Badewanne zu füllen.
Nach dem Gewusel im Hafen verteilen sich die Boote zwischen den Inselchen und es wird langsam halbromantisch. Wir fahren wirklich weit hinein in den Inselarchipel – die Route war ein Grund dafür dieses Boot auszusuchen – und erleben nach einer kurzen Bootsfahrt zu einem der berühmten schwimmenden Fischerdörfer ein wunderschönes Sonnenuntergangsglühen hinter den Felsinseln. Beautiful.
Bei uns wird nichts ausgelassen, der ‚Mini-Kochkurs‘ vor dem Buffet am Abend endet in einem Match zwischen einem Singapurer und mir beim Frühlingsrollen-Rollen – irgendwie schon wieder witzig und vor allem auch lecker – ich bin wieder in meinem Element.
Sehr früh morgens bin ich an Deck um das morgendliche Licht einzufangen, gefolgt von zwei Mitreisenden - die an der Größe meiner Kamera gemessen - glauben mich verfolgen und darüber löchern zu dürfen, welche Einstellung bei ihrer Kamera jetzt wohl die beste wäre. Morgens fotografiere ich höchstens und rede nicht, schon gar nicht vor der zweiten Tasse Kaffee.
Es klart auf, wir erleben Halong Bay wie auf zahlreichen Bilder zuvor gesehen und beschließen auf der Rückfahrt wieder unseren Koch aufzusuchen – der Eckzahn trieft....
Nachmittags fällt die Entscheidung schwer zwischen Mittagsschläfchen und Neighborhood Exploring, aber die Gegend um das Hotel ist so interessant und vielseitig, dass wir mit Elan und Kameras bewaffnet auf Streifzug gehen.
Wir sind total begeistert von der Vielfalt auf den Gehsteigen und dem pulsierenden Leben – Nobelgalerien neben noch echten Handwerkern und hippen kleine Lokalen, aber auch einfachsten Garküchen. Zu Fuß erreichen wir den Ho Hoan Kiem See und genießen ein kühles Bier nach Sonnenuntergang mit Blick auf den Ngoc Son Temple und der modernen, in Rot beleuchteten Brücke, die man aber abends nicht mehr betreten darf.
Am Platz neben der Stadtverwaltung toben sich die Jugendlichen aus – von Roller-Blade-Performances bis zu kulturellen Tänzen sieht man hier Verschiedenstes, aber alles ruhig und kontrolliert – man verspürt nicht einmal für eine Sekunde Angst.
Höchstens wenn Kinder in XL-Panzer-Spielzeugen in der Nacht über den Platz fahren und Kriegsgeschrei von sich geben. Ich wünschte es wäre ein Scherz, aber es ist hier Teil der Kultur.
Duong 1 Restaurant kann mit Duong 2 nicht ganz mithalten, aber es ist trotzdem wieder ein Genuss und wir beschließen sehr bald wieder zu kommen – Hanoi a bientôt!
Barbara Ebner