42. Leiz Photographica Auction: Von der Katerstimmung nach den Oscars zur Geschichtsschreibung in Schwarzlack
Werke und Werkzeuge ikonischer Fotografen stehen im Mittelpunkt der 42. Leitz Photographica Auction. Die nächste Ausgabe der weltweit renommierten Auktionsreihe findet vom 9. bis 10. Juni in Wetzlar statt und wartet unter anderem mit Fotografien und Fotoapparaten von John Bulmer, Walker Evans und Terry O’Neill auf. Mit ihren schwarz lackierten Kameras dokumentierten Bulmer und Evans einige der wichtigsten Kapitel in der Geschichte des 20. Jahrhunderts; O’Neills gefeierte Filmstar-Porträts beleuchten hingegen den „Mythos Hollywood“. Als Sammlerstück für Kunstliebhaber*innen steht zudem die von King Nerd gravierte Leica MP „Planet Earth“ zum Verkauf.
Zweimal im Jahr veranstaltet das Auktionshaus Leitz Photographica Auction seine gleichnamige Versteigerung von Vintage Kameras und Fotografien. Gerade bei ersteren geht es den Käufer*innen neben der handwerklichen Kunstfertigkeit der Geräte auch um deren historische Relevanz, weiß Alexander Sedlak, Geschäftsführer von Leica Camera Classics, unter deren Dach das Auktionshaus agiert: „Besonders beliebt sind Fotoapparate aus prominentem Vorbesitz. In diesem Auktionsjahr setzen wir einen Schwerpunkt auf Kameras, die berühmten Fotografen gehört haben.“
Historische Geräte verschiedenster Hersteller werden versteigert, der Fokus liegt allerdings auf Leica. „Die Welt mit einer Leica abzubilden hat seinen eigenen Reiz. Diesmal haben wir aber auch eine Kamera in der Auktion, auf der die Welt abgebildet wurde“, so Sedlak. Der britische Künstler und Gravur-Meister Johnny Dowell, alias „King Nerd“, verewigte den Planeten Erde auf einer Leica MP, die nun am 10. Juni versteigert wird. Der Schulterschluss zwischen Kunst und Technik zieht sich als roter Faden durch die zweitägige Auktion.
Farbpionier der Reportagefotografie
John Bulmer (geboren 1938) brachte Farbe ins elegische Schwarz-Weiß des Fotojournalismus. Mit seiner Arbeit für das britische „Sunday Times Magazine“, der weltweit ersten Farbbeilage einer landesweit erscheinenden Tageszeitung, stieß er die Tür zu einer neuen Ära der Reportagefotografie auf. Inspirieren ließ sich Bulmer dabei auch von der Heimat seiner Kindheit, dem industriell dicht besiedelten Norden Englands. Werke wie „Manchester“ oder „Miners in Waldridge“ – beide Teile der Fotografie-Auktion „Modern Times“, die im Rahmen der 42. Leitz Photographica Auction stattfindet – begründeten Bulmers Ruf als humanistischer Beobachter mit untrüglichem Blick fürs Detail.
„Readymade“ zwischen Dokumentar- und Kunstfotografie
Einen weiteren Höhepunkt der Auktion stellt eine Leica M2 black paint von Walker Evans (1903–1975) dar, der die Kamera 1962 erstand und über zehn Jahre lang mit ihr fotografierte, bevor er von 35mm-Film auf ein größeres Format umstieg. Evans gilt als einer der größten US-Fotografen der Geschichte; seine Werke wurden unter anderem im Metropolitan Museum of Art, dem George Eastman Museum, dem Centre Pompidou und dem Museum of Modern Art (MoMA) in New York ausgestellt. Gleich zweimal im MoMA zu sehen – in einer Einzelausstellung 1938 sowie in der Retrospektive 1971 – war „Penny Pictures Display“.
Audrey Hepburn und Faye Dunaway: Hollywood-Stars vor der Linse
1977 wurde Faye Dunaway für ihre Rolle in Sidney Lumets „Network“ mit dem Oscar als beste Hauptdarstellerin ausgezeichnet. Nach einem Gratulations- und Partymarathon fiel Dunaway erst um drei Uhr morgens ins Bett, stand aber bereits dreieinhalb Stunden später am Pool des Beverly Hills Hotels, um einen Fototermin wahrzunehmen. „Die von Terry O’Neill gemachte Aufnahme zeigt die Aktrice auf dem Zenit ihrer Karriere und offenbart zugleich die wahre Natur des Ruhms hinter den Kulissen des Showbiz. Nur eine einzige, kurze Nacht trennen den größten Karriere-Erfolg vom Tagesgeschäft, eine leichte Melancholie liegt über der gesamten Szene. O’Neill verpasste dem Bild nicht umsonst den Spitznamen ‚Der Morgen danach‘ – und bezeichnete es als das beste Oscar-Foto, das je geschossen wurde“, sagt Caroline Guschelbauer, die sich gemeinsam mit Anna Zimm für „Modern Times“ verantwortlich zeichnet, und beschreibt damit ein weiteres Highlight der Fotografie-Auktion.
Terry O’Neill (1938–2019) kam in den 1970ern von London nach Los Angeles und machte sich bald einen Namen als Porträtfotograf der Stars. Ein Jahr vor seinem Tod brachte der gebürtige Brite gemeinsam mit Leica UK 35 „Special Edition Sets“ heraus, die aus einer Leica MP Filmkamera, einer Summilux 50mm f1.4-Optik und einer zuvor unveröffentlichten Aufnahme von Audrey Hepburn bestanden. Während O‘Neills legendäre Fotografie von Faye Dunaway im Rahmen von „Modern Times“ versteigert wird, kommt eines dieser 35 Sets tags darauf in der Kamera-Versteigerung der 42. Leitz Photographica Auction unter den Hammer.
Live vor Ort, schriftlich, online oder telefonisch
Die 42. Leitz Photographica Auction findet an zwei Tagen im Leitz Park in Wetzlar (Hessen) statt. Am 9. Juni steht die Fotografie-Auktion „Modern Times“ auf dem Programm; am 10. Juni folgt die Versteigerung historischer Fotoapparate. Gebote können vorab online (www.leitz-auction.com), schriftlich oder telefonisch eingereicht werden. Live-Gebote während der Auktion sind auf www.leitz-auction.com und www.liveauctioneers.com möglich. Im November 2023 kehrt die Leitz Photographica Auction nach Wien zurück.