Chagall

28.09. – 9.02.2025

ALBERTINA, Wien – Sammlung Batliner © Bildrecht, Wien 2024

Bereits 2004 präsentierte die ALBERTINA als eine der ersten Ausstellungen unter der Direktion von Klaus Albrecht Schröder eine Ausstellung zu Chagalls Auseinandersetzung mit der Bibel. 20 Jahre später, rund um das 40. Todesjahr des Künstlers, zeigt die ALBERTINA in ihrer großen Herbstausstellung die gesamte Faszination der Themen- und Motivwelt Chagalls. Mit der Schau schließt sich auch ein Kreis: Es ist dies die letzte große Ausstellung der Moderne und ein grandioser Abschluss der ein Vierteljahrhundert währenden Generaldirektion von Klaus Albrecht Schröder. Marc Chagall (1887 – 1985) zählt zu den großen Künstlern des 20. Jahrhunderts. Sein Schaffen umfasst mehr als 80 Jahre und lebt von einer Vielseitigkeit, die immer wieder aufs Neue in Staunen versetzt. Seine Kunst – bekannt für leuchtende Farben und poetische Bildkompositionen – ist uns vertraut. Trotz dieser Vertrautheit zu seinen Bildern hat Chagalls Kunst nichts von ihrer Rätselhaftigkeit und geheimnisvollen, spirituellen Aura eingebüßt. Sein unverkennbarer künstlerischer Ausdruck, der uns an die Magie von Traumbildern erinnert, bleibt ein unerschöpflicher Kosmos.

Die Magie des Alltags

Geboren 1887 in einem kleinen jüdischen Schtetl in Weißrussland, fand Chagall in seiner Heimat und Herkunft die Inspiration, die ihn zeitlebens begleiten sollte. Seine Werke vereinen einerseits traditionelle, alltägliche Motive seiner Kindheit wie Dorfszenen, Geigenspieler, den Zirkus, Clowns neben Tieren wie Ziegen, Kühen oder Heringen. Auch spirituelle Motive aus der Bibel und Rabbiner finden sich oftmals in seiner Kunst wieder. In seinen Bildern aber ergeben sich zahllose Möglichkeiten ihres Zusammenwirkens. Immer wieder reflektiert er seine Themen in neuem Kontext, vor dem Hintergrund seiner persönlichen Erfahrungen sowie aktueller weltpolitischer Ereignisse. Auf den ersten Blick vermitteln Chagalls Bilder – von intensiver Farbigkeit leuchtend – einen künstlerischen Ausdruck von Glück erfüllt. Und doch deuten seine universalen Themen rund um Geburt, Mutterschaft, Liebe und Tod eine durchaus tiefe Dimension an. Auch ein Blick auf seine Biografie erzählt anderes.

Als Jude im heutigen Belarus aufgewachsen, ist er ein ewig „Vertriebener“, der zu einem unsteten Leben gezwungen ist. Er lebt in Witebsk, St. Petersburg, dann in Paris, zurück in Russland und noch einmal nach Frankreich, flieht er schließlich ins Exil nach New York und kehrt erst dann zurück nach Frankreich. Hier wird er sesshaft und bringt sein reiches Schaffen zur Vollendung. Die oft gleichzeitige Erfahrung von Freude und Leid prägt sein Werk und steigert es zu einem fulminanten Ausdruck – zugleich fröhlich beschwingt, und ebenso das Dunkle, Bedrohliche heraufbeschwörend. Die Bilder laden den Betrachter ein, eine Welt zu betreten, in der die Grenzen zwischen Realität und Traum, Himmel und Erde verschwimmen.

Centre Pompidou, Paris, Musée national d’art moderne – Centre de création industrielle, don de l’artiste en 1953 © Bildrecht, Wien 2024

In dieser Vereinbarkeit des Widersprüchlichen ist und bleibt sein Werk einzigartig. Chagall ließ sich nie auf einen einzigen Stil reduzieren, sondern entwickelte eine unverwechselbare, poetische Bildsprache, die das Fantastische und das Alltägliche verschmelzen lässt.

Die Ausstellung zeigt 100 Werke des Künstlers: von den frühen, zwischen 1908-1910 im Russischen Zarenreich gemalten Bildern, über die großen poetischen Kompositionen der Pariser Jahre von 1910-1914, bis hin zu jenen Großformaten, die Chagall bis in die 1980-er Jahre in Südfrankreich malt.

Die Ausstellung ist eine Kooperation der ALBERTINA und der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf.


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