Kunst Haus Wien: „Mining Photography“
Neue Ausstellung widmet sich von 09.03. - 31.05.2023 dem ökologischen Fußabdruck der Bildproduktion.
Die neue Ausstellung des KUNST HAUS WIEN: MINING PHOTOGRAPHY. Der ökologische Fußabdruck der Bildproduktion fragt nach der Nachhaltigkeit des „ewigen Moments“: Was trägt die Produktion von Fotografien zum menschengemachten Klimawandel bei? Die Schau beleuchtet aus Perspektiven der Kunst und der Wissenschaft die Gewinnung zentraler Rohstoffe der Fotografie: die Genese ihres Abbaus, ihre Entsorgung und den verursachten Einfluss auf unsere Umwelt. Eine Geschichte des Materials in fünf Akten!
Gerlinde Riedl, Direktorin des KUNST HAUS WIEN: „Die Ausstellung vollzieht einen spannenden Perspektivenwechsel: Mining Photography stellt Fotografie nicht als Medium zur Abbildung, Dokumentation und Vermittlung des Klimawandels in den Mittelpunkt. Vielmehr fragt sie danach, was uns die Kunstform über eine Zukunft jenseits des Klimawandels sagen kann – nicht in ihrer abbildenden Funktion, sondern als Motor, der die Natur grundlegend verändert hat. In diesem selbstreflexiven Moment liegt die besondere Stärke der Ausstellung.“
Historische Fotografien, zeitgenössische künstlerische Positionen und Interviews mit Expert:innen erzählen in der Schau die Geschichte der Fotokunst aus der Perspektive ihrer industriellen Fertigung. Woher etwa stammt das Kupfer, das für Hermann Biows bekannte Daguerreotypie von Alexander von Humboldt verwendet wurde? Eindrücklich zeigt die Ausstellung anhand von 170 Arbeiten auf, wie das Medium Fotografie seit seiner Entstehung zu den vom Menschen verursachten Veränderungen in der Natur beitrug – und bis heute beträgt.
Fotografie und Klimawandel
„Bei der Ausstellung ging es uns nicht darum, die ‚böse‘ Fotografie anzuklagen, sondern darum, am Beispiel der Fotografie, erst mal vor der eigenen Tür zu kehren. Es gibt eine Vielzahl von Projekten über den Klimawandel, der uns alle so beschäftigt. Fotografie hat meistens die Rolle, die Auswirkungen zu dokumentieren – die Dürren und Überschwemmungen aufzuzeichnen. In der Ausstellung hingegen wollten wir die Verwicklung von der Erfindung der Fotografie und der Industrialisierung aufzeigen und darlegen, wie ihr Aufstieg als Massenmedium mit der Ausbeutung von natürlichen Rohstoffen verknüpft ist“, so Esther Ruelfs, Kuratorin der Ausstellung.
Seit der Erfindung des Lichtbilds ist die Herstellung von Fotos von der Gewinnung und der Ausbeutung natürlicher Rohstoffe abhängig. Im 19. Jahrhundert wurden Salz, Kupfer und Silber für die ersten Abbildungen auf Kupferplatten und für Salzpapierabzüge genutzt. Nach dem Aufkommen der Silbergelatineabzüge entwickelte sich die Fotoindustrie im späten 20. Jahrhundert zur wichtigsten Abnehmerin für Silber – mit immerhin über der Hälfte des weltweiten Verbrauchs. Heute im Zeitalter digitaler Fotografien und Smartphones ist Bildproduktion auf Seltene Erden und Metalle wie Koltan, Kobalt und Europium angewiesen. Die Speicherung der Bilder und ihre Distribution produzieren zudem große Mengen an CO2.
Dem ökologischen Fußabdruck von Materialien und ihrer Gewinnung auf der Spur
Die Ausstellung MINING PHOTOGRAPHY begibt sich auf die Spuren einzelner Handels- und Produktionsketten: Wie hat sich die – für das bloße Auge oftmals nicht erkennbare – Materialität von Fotografien im Laufe der Jahrzehnte verändert? Die fünf Kapitel folgen jenen Materialien, die in der fotografischen Produktion Verwendung finden: Kupfer; Kohle, Silber, Papier und Seltene Erden: Verwendet werden sie als Trägermedium, in Druckverfahren oder in der digitalen Fotografie. Kupfer für die Daguerreotypien; fossile Brennstoffe wie Kohle und Bitumen im Fotodruck; Silber für die weitverbreiteten Silbergelatineabzüge des 20. Jahrhunderts; Papier als Trägermaterial und Seltene Erden für die immer kleiner werdenden Kameras und Smartphones. Interviews mit M. Susan Barger (Restauratorin), Hans Joosten (Biologe), Hannah Pilgrim (Aktivistin), Rainer Redmann (Chemiker), Katrin Westner (Mineralogin) und Katherine Mintie (Kunsthistorikerin) besprechen aus verschiedenen Gesichtspunkten der Forschung und Wissenschaft den ökologischen Fußabdruck von Materialien und ihrer Gewinnung.
Künstler:innen der Ausstellung
Die Künstler:innen, die sich in der Ausstellung den unterschiedlichen Materialien und Verfahren widmen, sind Ignacio Acosta, Eduard Christian Arning, Lisa Barnard, Hermann Biow, F& D Cartier, Optics Division of the Metabolic Studio (Lauren Bon, Tristan Duke und Richard Nielsen), Oscar und Theodor Hofmeister, Susanne Kriemann, Honoré d'Albert de Luynes und Louis Vignes, Charles Nègre, Jürgen Friedrich Mahrt, Mary Mattingly, Madame d’Ora, Daphné Nan Le Sergent, Lisa Rave, Hermann Reichling, Alison Rossiter, Robert Smithson, Anaïs Tondeur, James Welling, Noa Yafe und Tobias Zielony. Sie nähern sich der Thematik verschiedener Formen der Bildproduktion aus teils sehr unterschiedlichen Perspektiven – vom Torfabbau bei Theodor und Oscar Hofmeister über das Auffüllen eines Steinbruchs mit flüssigem Asphalt bei Robert Smithson bis zur Schlachthaus-Serie von Madame d’Ora.
Kuratiert wird die Ausstellung von dem Künstler, Autor und Kurator Boaz Levin und Dr. Esther Ruelfs, Leiterin der Sammlung Fotografie und neue Medien amMK&G.
Eine Kooperation zwischen dem Museum für Kunst & Gewerbe Hamburg und dem KUNST HAUS WIEN. Mit freundlicher Unterstützung von Österreichische Lotterien, Pro Helvetia, Schweizer Kulturstiftung und der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Wien.
Begleitprogramm zur Ausstellung
Zur Ausstellung ist ein umfangreiches Begleitprogramm geplant – von öffentlichen Führungen, einer Dialogführung mit den Künstler:innen, einer Kurator:innenführung mit Esther Ruelfs, über einer Artist Lecture mit Mary Mattingly und einem Future Talk bis hin zu Photo Walks und -Workshops.