Edvard Munch. Im Dialog
Die ALBERTINA widmet Edvard Munch (1863–1944) ihre große Frühjahrsausstellung 2022. Die umfassende Schau ist in mehrerer Hinsicht einzigartig: Über 60 Werke des norwegischen Künstlers zeigen das beeindruckende Œuvre, als eines, das für die moderne und zeitgenössische Kunst wegweisend ist. Edvard Munch. Im Dialog konzentriert sich in erster Linie auf Munchs spätere Werke und deren Relevanz für die Kunst der Gegenwart.
Neben ikonischen Fassungen der Madonna, des Kranken Kindes oder der Pubertät, ist es nicht zuletzt das von Unheimlichkeit, Bedrohung und Entfremdung zeugende Naturbild Edvard Munchs, das durch eine Reihe an Landschaftsgemälden dieses Hauptthemas des Symbolismus und Expressionismus in einen Dialog mit Werkgruppen bedeutender KünstlerInnen unserer Zeit tritt. Zu den gezeigten, direkten Variationen von Munchs ikonischen Bildern werden Werke von KünstlerInnen in den Fokus der Ausstellung gerückt, die an Munchs experimentelle und modernistische Erweiterung des Malereibegriffs anknüpfen.
Munch bricht dabei radikal mit der sichtbaren Wirklichkeit und wendet sich den verborgenen, unsichtbaren Verletzungen und Erschütterungen der Seele zu. Krankheit, Eifersucht und Angst bleiben zeitlebens wiederkehrende Themen. Ihn interessieren die Narben der psychischen Verarbeitung von Erlittenem.
Auch technisch ist er revolutionär: eine koloristische Übersteigerung seiner Gemälde, die Vereinfachung der Motive, die ikonenhafte Frontalität seiner Figuren bis hin zur scheinbaren Verflüssigung der Landschaft bilden eine unberechenbare, bedrohliche Welt ab. Der Mensch wird zur Symbolfigur für das Sich-Verlieren des Einzelnen im Ganzen: die Urangst der Gesellschaft am Beginn der Moderne.
Die weitreichende Rezeption Munchs in der zeitgenössischen Kunst beweisen sieben bedeutende KünstlerInnen der Gegenwart – allesamt Größen des 20. Jahrhunderts – die mit Munch in Dialog treten: Andy Warhol, Jasper Johns, Georg Baselitz, Miriam Cahn, Peter Doig, Marlene Dumas und Tracey Emin. Die ausgewählten Werkgruppen illustrieren eindrucksvoll den Einfluss, den Edvard Munchs Kunst bis heute auf nachfolgende Generationen ausübt.
Andy Warhol
Der Amerikaner Andy Warhol arbeitet sich an den berühmtesten druckgrafischen Werken Munchs ab: Der Schrei, Madonna sowie Munchs Selbstbildnis mit Knochenarm. Warhol adaptiert diese Motive, und es entstehen Variationen im Stil der Pop Art. Während er an der ursprünglichen Komposition und den Sujets der Darstellung kaum Veränderungen vornimmt, setzt Warhol vor allem auf den Einsatz verschiedener greller Farbkombinationen, um unterschiedliche Abwandlungen zu kreieren. Auf diese Weise gelingt es ihm, Munchs Grafiken immer wieder neu zu entdecken, sie zu modifizieren und letztendlich zu eigenen Werken von differenzierter Ausdruckskraft umzuformen.
Jasper Johns
Umgekehrt entdeckt Jasper Johns in einem Spätwerk Munchs – Selbstporträt. Zwischen Uhr und Bett – ein abstraktes Muster, das der Amerikaner isoliert und als All-over Struktur über das ganze Bild legt. Das abstrakt-ornamentale Bildelement einer Bettdecke in einem späten, pessimistisch- mitternächtlichen Selbstbildnis Munchs wird Johns zur geradezu obsessiv verfolgten Inspirationsquelle.
Georg Baselitz
Zur Rezeption Munchs bei Baselitz gehören die Waldlandschaften und seine zum Teil auch indirekten Porträts des norwegischen Malers. Der deutsche Künstler sieht in dem Norweger den an sich zweifelnden Maler und erkennt in dessen nächtlicher Einsamkeit das künstlerische Schicksal. Ihn fasziniert die Alltäglichkeit der Darstellungen Munchs, ihre Tristesse, aber auch die innere Spannung und Unruhe, die seine Werke auslösen, ebenso wie die Flüchtigkeit und das Fragmentarische.
Miriam Cahn
Auch bei Miriam Cahn steht menschliche Emotion von ohnmächtiger Verzweiflung und Angst bis hin zu zügelloser Aggression im Mittelpunkt. Was bei Edvard Munch Ausdruck des epochentypischen Geschlechterkampfes ist, wird bei Miriam Cahn zum Ausweis der Unterdrückung der Frau, wobei die unheimliche Stimmung ihrer Werke von Munchs unheimlicher Naturerfahrung abgeleitet erscheint. Die Künstlerin übersetzt Munchs misogynes Thema des von der Frau bedrohten und betrogenen Mannes in eine feministische Bildwelt und bewahrt zugleich Munchs düster-unheimlichen Farbkosmos. Dabei beschäftigt sie sich intensiv mit grundlegenden Fragen menschlicher Erfahrungen, rückt Themen wie Liebe, Identität, Tod oder Trauer ins Zentrum ihrer Arbeit und schließt so unmittelbar an die inhaltlichen Schwerpunkte Munchs an.
Peter Doig
Für den schottischen Maler Peter Doig ist die Materialität in Munchs Gemälden wie auch die Ikonologie der Entfremdung des Menschen von sich selbst ein wesentlicher Bezugspunkt in den Werken des Norwegers. In Anlehnung an Munchs epochale Bilderwelten geht er der Frage nach der Verortung des Individuums in der modernen Welt nach. Neben Pessimismus und dem wachsenden Thema des Allein-seins in der Welt, ist es die Experimentierfreudigkeit Munchs, die Maler wie Peter Doig an dem Werk des Norwegers interessiert.
Marlene Dumas
Für die südafrikanische Künstlerin Marlene Dumas ist das pessimistische Weltbild Munchs nicht nur die Grundlage für das Einzelschicksal, sondern ein Symbol für die Unterdrückung des Menschen an sich, für den Konflikt zwischen Mann und Frau, zwischen Schwarzen und Weißen. Mit ihren existenziellen Themen schließt Dumas in ihren Inhalten ganz unmittelbar an die emotional aufgeladenen Darstellungen Munchs an.
Hat Edvard Munch die Bedrohung des Mannes durch die Frau, der femme fatale, zu einem Hauptthema seines Zyklus „Der Lebensfries“ gemacht, so deutet Marlene Dumas diese Ikonografie in Bilder kolonial-rassistischer Unterdrückung der schwarzen Bevölkerung Afrikas um. Zugleich fasziniert sie so sehr wie Peter Doig die koloristische Experimentierfreudigkeit des Norwegers.
Tracey Emin
Tracey Emins Gemälde und multimediale Arbeiten sind von traumatischen persönlichen Erfahrungen geprägt und knüpfen an den autobiographischen Charakter in Munchs Schaffen an. Die Engländerin bringt in ihrem Kunstschaffen, genauso wie Munch, eine starke persönliche Komponente zum Ausdruck. Für sie ist Edvard Munch der vorbildhafte Künstler schlechthin, der dem psychischen Zerfall des modernen Menschen Ausdruck verliehen hat.
Am Beispiel dieser bedeutenden Gegenwartskünstlerinnen und -künstler zeigt die Ausstellung Edvard Munch. Im Dialog die mannigfaltige Munch-Rezeption, von der Auseinandersetzung mit Munchs Motiven und Themen über das Aufgreifen stilistischer Merkmale bis hin zu einer intensiven Beschäftigung mit den tiefenpsychologischen Inhalten des großen norwegischen Symbolisten und Expressionisten.
Die Schau schließt an die Rekordausstellungen der ALBERTINA zu Munch 2003 und 2015 an und wird vom Munchmuseet in Oslo sowie zahlreichen weiteren internationalen Institutionen und Privatsammlungen unterstützt.
Edvard Munch
Frühe Jahre
Anfang der 1880er-Jahre studiert Munch Malerei an der Königlichen Zeichenschule in Kristiania, dem heutigen Oslo. Zu Beginn orientieren sich seine Werke noch am Naturalismus seiner um einige Jahre älteren norwegischen Malerkollegen und Förderer Frits Thaulow und Christian Krohg, von deren Stil er sich jedoch bald abwendet. Während dieser Zeit ist Munch auch Teil der sogenannten Kristiania- Boheme, eines Künstler- und Literatenkreises um den Schriftsteller und Anarchisten Hans Jæger, der das bürgerliche Leben ebenso ablehnt wie jegliche Form des Nationalismus und in einer verbotenen Programmschrift eine Utopie des freien gesellschaftlichen Zusammenlebens entwirft. Jægers Theorien beeinflussen Munch nicht nur in seiner Kunst, sondern auch in seinen eigenen Texten, die der Künstler neben seiner Tätigkeit als Maler verfasst.
1884 ruft eine erste öffentliche Präsentation von Munchs Bildern im Herbstsalon in Kristiania Kritik hervor. Nur zwei Jahre später nimmt er mit vier Arbeiten, darunter die erste Fassung des unter dem Titel Studie ausgestellten Werks Das kranke Kind, in dem der Maler den Tod seiner früh an Tuberkulose verstorbenen Schwester Sophie verarbeitet, erneut an der Herbstausstellung teil und löst damit endgültig einen Skandal aus. Die Kritiker bezeichnen die Darstellung als unfertige „Schmiererei“.
Um 1890 schafft Munch erste symbolistische Arbeiten. In seinen eindrucksvollen Landschaftsbildern wird die Natur zu einem Projektionsraum der menschlichen Emotion, zum Spiegel der Seele. Vor allem Åsgårdstrand am Oslofjord, wo Munch sich über die Sommermonate ein Haus mietet, wird für ihn zu einem besonderen Ort der Inspiration. Mit dem Symbolismus kommt Munch vorrangig während seiner Aufenthalte in Paris in Berührung. Dort lernt er unter anderem im Salon des Artistes Indépendants auch die Kunst der zeitgenössischen Avantgarde kennen. Die Malerei von Vincent van Gogh, Georges Seurat, Paul Signac und Henri de Toulouse-Lautrec beeinflusst ihn schließlich in seinem eigenen Schaffen.
Erste Erfolge
1892 werden Bilder Munchs bei einer Ausstellung im Verein Berliner Künstler präsentiert, was zu einem Skandal führt. Sein Stil wird erneut harsch kritisiert. Ein gemeinsamer Beschluss der übrigen teilnehmenden Künstler führt letztlich zu einer vorzeitigen Schließung der Schau, was jedoch auch die Steigerung der Bekanntheit Munchs zur Folge hat. Der Norweger übersiedelt nach Berlin und verkehrt dort in dem intellektuellen Literatenkreis der Weinstube Zum Schwarzen Ferkel, zu dem neben August Strindberg unter anderem auch die Schriftsteller und Kritiker Stanisław Przybyszewski und Julius Meier-Graefe sowie Przybyszewskis spätere Frau Dagny Juel zählen.
Vermutlich zu dieser Zeit beginnt Munch auch mit der sogenannten „Rosskur“, indem er seine Bilder der Witterung aussetzt. Munchs individueller künstlerischer Weg verbindet ihn international mit verschiedenen avantgardistischen Künstlergruppen. So werden seine Werke 1906 in der bahnbrechenden Ausstellung der Fauves im Salon des Indépendants in Paris gezeigt; 1908 nimmt der Norweger an einer Ausstellung der Künstlergruppe Brücke in Dresden teil und wird zu einem künstlerischen Vorbild für die expressionistische Malerei in Deutschland.
Seit der Jahrhundertwende kämpft Munch jedoch immer wieder mit psychischen Problemen und Alkoholismus und hält sich deshalb wiederholt in diversen Kliniken auf. Für die Verschlechterung von Munchs Seelenzustand ist unter anderem seine gescheiterte Beziehung zu Tulla Larsen verantwortlich. Von zahlreichen Zerwürfnissen geprägt, endet sie in einem dramatischen wie folgenreichen Streit. In einem Handgemenge löst sich aus einer Waffe ein Schuss, der Munch an der linken Hand verletzt, sodass er das oberste Glied seines Mittelfingers verliert. Ein gespaltenes Verhältnis zum weiblichen Geschlecht wird Munch zeitlebens begleiten. Es spiegelt sich auch in zahlreichen seiner Werke wider, in denen er die Komplexität der Paarbeziehung zwischen Mann und Frau thematisiert, die für ihn unweigerlich mit Verletzung und seelischem Schmerz einhergeht.
Ekely
Im Januar 1916 erwirbt Munch westlich von Kristiania den Besitz Ekely, wo er bis zu seinem Tod die meiste Zeit verbringt. Seine Ausstellungstätigkeit konzentriert sich kriegsbedingt auf die nordischen Länder; er präsentiert seine Kunst in Stockholm, Göteborg und Kopenhagen. Aus seinen großen Themenschwerpunkten Angst, Tod und Liebe hat sich bereits ab den 1890er-Jahren nach und nach der „Lebensfries“, eine von Munch variabel zusammengefasste Bildfolge zu Stationen des Lebens, entwickelt. In Ekely beginnt Munch nun erneut an diesen Themen zu arbeiten und setzt sie als monumentale Fassungen um. 1918/19 erkrankt der Künstler an der Spanischen Grippe und hält dies in mehreren Gemälden fest, auf denen er sich alt, müde und kraftlos darstellt. Trotz seiner stets labilen Gesundheit wieder genesen, konzentriert er sich in den nächsten Jahren vermehrt auf das Thema Künstler und Modell und die Aktmalerei. Er widmet sich verstärkt der Aquarellmalerei, was sich auch in der Farbgestaltung der Gemälde niederschlägt. Das Weiß der Leinwand bietet sich für eine offene, sehr freie Bearbeitung mit Farbe an.
Dieser unkonventionelle Umgang mit dem Malmaterial wie auch die kühne Farbwahl seiner an sich gegenständlichen Sujets sind zwei der zahlreichen Aspekte, die Munch auf formaler Ebene für zeitgenössische Kunstschaffende interessant machen. Koloristisch und atmosphärisch sind seine melancholischen Landschaften – intensive Farb- und gleichzeitig Seelenräume – nachfolgenden Generationen Inspiration.
Das Leben auf dem Land, das Meeresufer und die bäuerliche Umgebung von Ekely bieten Munch die Kulisse für zahlreiche seiner Bildmotive. Vermehrt schafft die winterliche Schneelandschaft mit ihren kontrastreichen dunklen Schatten malerische Anreize.
Späte Jahre
Edvard Munch wird immer erfolgreicher. Einzelausstellungen 1922 in Zürich, Bern und Basel, Einladungen zu Ausstellungsbeteiligungen und als Ehrengast nach Göteborg sowie die Ernennung zum Mitglied der Preußischen Akademie der Künste 1923 und zum Ehrenmitglied der Bayerischen Akademie der Künste 1925 zeugen von wachsender Anerkennung. Er reist viel durch Europa. Großaufträge zu Wandmalereien und zahlreiche internationale Retrospektiven demonstrieren seine Position als wichtiger Vertreter der modernen Kunst.
1926 stirbt seine Schwester Laura, die jahrelang an Depressionen gelitten hat. 1930 führt das Platzen eines Blutgefäßes an Munchs rechtem Auge beinahe zur temporären Erblindung. Mit geradezu wissenschaftlicher Präzision protokolliert, zeichnet und aquarelliert Munch den Verlauf seiner Krankheit. Zu dieser Zeit entstehen fotografische Selbstbildnisse – stets Nahaufnahmen; gleichzeitig malt er wieder zahlreiche Selbstporträts. Der Tod seiner Tante Karen Bjølstad im darauffolgenden Jahr führt zu einer vertieften Auseinandersetzung mit dem Thema Alter und Tod.
Ab Mitte der 1930er-Jahre entstehen Bilder von intensiver Leuchtkraft. Die Sehnsucht des Mannes nach der Frau bleibt bei Munch auch im Spätwerk eine unerfüllte Utopie. Der freie, offene und lockere Pinselstrich lässt die ursprünglich quälenden Themen leichter erscheinen, als wäre Munch aus der Teilnehmerrolle in die des Beobachters übergewechselt. Munch lebt sehr zurückgezogen, nach eigener Aussage „gänzlich wie ein Eremit“; sein Augenleiden schränkt ihn in seiner Arbeit ein. 1937 nimmt er an zahlreichen Ausstellungen, darunter an der Pariser Weltausstellung, teil; im selben Jahr werden seine Werke als „entartet“ aus deutschen Museen und Privatsammlungen beschlagnahmt. 1939 lehnt er das Angebot zu einer großen Ausstellung in Paris ab.
Ab 1940 arbeitet Munch an seinen letzten Selbstporträts, die von seiner intensiven Auseinandersetzung mit dem Tod geprägt sind. Er sagt: „Ich will nicht plötzlich sterben. Ich will auch dieses letzte Erlebnis haben.“ Munch lebt isoliert in Ekely, baut selbst sein Obst und Gemüse an und verweigert den Kontakt zu den Deutschen, die das Land besetzt halten. Bald nach den Feiern zu seinem 80. Geburtstag zieht sich Munch eine Lungenentzündung zu und stirbt kurz darauf friedlich in Ekely.
Edvard Munch, Frauen im Bad, 1917
Immer wieder setzt sich Munch mit Fotografie auseinander, 1902 kauft er seine erste Kamera und experimentiert damit, wohl auch angeregt durch August Strindberg, den er seit 1892 kennt. Dabei interessiert ihn vor allem das Geisterhafte von Doppelbelichtungen, Bewegungsunschärfe und Entwicklungsfehlern. In seinen Gemälden und Grafiken möchte er den „unsicheren“ Ausgang des Arbeitsprozesses sichtbar machen. Solche fotografischen Vorbilder führen noch viel später dazu, dass er bei den Frauen im Bad das Übereinanderlegen von zwei Kompositionen in linearer wie malerischer Form versucht. Die Gruppe von Badenden im Hintergrund mutet wie ein abgemaltes Gemälde an. Davor platziert er auf Decken sitzend einen Frauenakt oder als Variante eine unbekleidete Frauenfigur mit Kind. Über diese beiden Realitäten legte er dann wie in einer Doppelbelichtung eine dritte mit Skizzen von Porträts und weiteren Aktfiguren. Das Ergebnis sind eine rätselhaft-visionäre Transparenz und der Bruch mit der Zeitlichkeit.
Edvard Munch, Der Nachtwandler, 1923/24
In Munchs Alterswerk häufen sich wie bei Rembrandt das Selbst hinterfragende Porträts. Deutlich schildert er als oft Schlafloser seine nervöse Konstitution in seiner labilen Haltung neben einem Klavier und vor Fenstern, die das nächtliche Blau verdüsternd einbringen. Nacht und Todesahnung gehören für den Künstler von Anfang an zusammen, und das Musikinstrument bedient die in der Kunstgeschichte klassische Vanitas-Stimmung. Ungeachtet der Beschattung des Gesichts, vor allem der Augen, haben Schlafrock sowie der auf Mondlicht hindeutende Lichteinfall und Farbkontrast etwas tröstlich Ironisches, das Munchs konsequenter Bearbeitung seiner traumatischen Empfindungen in der Malerei entspricht.